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Diese FLINTA-Bands mischen die Musikbranche auf

Alisa Fäh

Im feministischen Kollektiv sind wir stärker – und groovier! Das beweisen FLINTA-Artists, die sich verbünden und die Branche im Kollektiv aufmischen. Wir feiern Bands, die uns den feministischen Indie- / Disco- / Pop- und Punk-Soundtrack zum Smashen des Patriarchats liefern.

Hier gibts sieben Supergroups, mit denen wir lachen, uns treiben lassen oder hässig sein können – und die auf deiner Playlist nicht fehlen dürfen, von Grunge-Rock bis zu glossy Pop-Tracks.

Batbait Wenns um Musik geht, mögen wir es hässig oder tanzbar – am besten beides zusammen. Heisst: Beste Voraussetzungen für Batbait, unsere neue Lieblingsband zu werden. “Mit charmanten, rohen Klängen, durchdringend wie Fledermauszähne, locken Batbait ihre Beute auf die Tanzfläche!”, sagt die vierköpfige Gruppe aus Züri über sich selbst. Wir geben zu: Batbait, ihr habt uns mit eurem treibenden Sound in euren Fängen – und auf der Tanzfläche. Wir schlängeln uns durch Pop/Garage/Surf-Rock, dazu gibts eine Portion Hall und Verzerrung. In Fiction dreht sich um mühsame Verhaltensmuster, Quiet Smile hat uns berauscht und einen Ohrwurm verpasst (“it’s a hit song / you’re just doing it wrong”). Merci, wir behalten ihn gerne.

Skinny Girl Diet “hate me for having opinions / at least I’ve got opinions” singen Skinny Girl Diet in Pretty Song. Das Für-sich-einstehen beginnt schon beim Bandnamen: Er ist als Seitenhieb auf patriarchale Schönheitsideale und den Schlankheitswahn zu verstehen. Das Duo serviert Gesellschaftskritik gemixt mit Grunge. Skinny Girl Diet besingen den Brexit, Rassismus und Sexismus, immer mit einer kompromisslosen Haltung. Genauso badass posieren Skinny Girl Diet auf dem Albumcover zu Heavyflow mit Menstruationsblut auf weissen Kleidern. Tabus? Weg damit. Love to see it!

Ultraflex Eine Spritztour durch einen Disco-Freizeitpark mit schimmernden Achterbahnen, kaleidoskopischen Karussellen und einem Hauch von Geisterhaus – so beschreiben Ultraflex ihren Sound. Was für ein Trip! Wir finden: Das skandinavische Duo passt in keine Schublade, weil es in keine passen will. Die beiden Frauen waren als Solo-Künstlerinnen unterwegs – Farao aus Norwegen und Special-K aus Island – und haben dann zusammengespannt. Gemeinsam morphen sie sich munter durch Genres und besingen Lust, One-Night-Stands und Papayas. Hier gibts 80er-Disco-Einflüsse, Ultraflex fegen wie ein lila glitzernder Wirbelsturm durch unsere Synapsen. Die Tracks klingen nach Tanzen im Club und schenken uns grossartig elektrisierende Beats, die durch den Körper fliessen. Ideal geeignet für Tanz-Sessions in der Chuchi.

Big Joanie Wo bleibt die Diversität? Stephanie Philips war frustriert von der britischen Punk-Szene. Also setzte sie sich an ihren Laptop und suchte nach Gschpänli für eine Band. Gefunden hat sie Drummerin Chardine und Bassistin Estella, entstanden ist Big Joanie – eine “Black Feminist Sistah Punk Band”, wie sie sich bezeichnen – und das Trio haut uns aus den Socken. Hier gibts die perfekte Mischung aus empowernden Lyrics und Girl-Group-Feels, verfeinert mit satten Gitarrenriffs und 80er-Sound. Stell dir die Klänge der Riot-Grrrl-Bewegung vor, transportiert in die Gegenwart. Heisst: Best listened to als Vorbereitung auf die Demo. Big-Joanie-Songs eröffnen Räume für komplexe Gefühle, vom Liebenlassen bis Seinlassen: Sie drehen sich um die besondere Intimität, einer geliebten Person die Haare zu schneiden und um das, was nach verlorenen Freund*innenschaften bleibt.

The Linda Lindas Wow, The Linda Lindas sind wütend auf die Welt. Und das ist gut so! In ihren Songs transportieren sie so viel Power, dass wir direkt schockverliebt sind. Los gings 2021 in einer Bibliothek in Los Angeles. Dort haben die Lindas (damals 10, 13, 14 und 16 Jahre alt) ihren Song Racist, Sexist Boy performt – und der schlug ziemlich ein, mittlerweile hat der Clip auf Twitter über 4 Millionen Views angesammelt. Bei den vier Schülerinnen wirds wild, turbulent und homemade, hier gibts Garage-DIY-Punk gemixt mit Power Pop aus der Gen-Z-Perspektive. Ihr Rezept: Aus absolutem Seich (in ihrem erwähnten Top-Hit gehts um die rassistischen, sexistischen Bemerkungen eines Mitschülers) zaubern sie umwerfende Songs, die Kraft geben. Wo können wir uns für die Front Row beim nächsten Konzert anmelden?

Dulcie Dulcie liefern uns bestärkenden, warmen Indie-Pop aus Australien: Die Stimmen der drei kreieren grossartige Harmonien, getragen wird der Sound von Gitarrenriffs, die Lust zum Luftgitärrälä machen. Das klingt punchy, glowing und vor allem nach viel Energie und Lebensfreude. In Tell your friends gehts um Selbstwert (und es schleicht sich auch ein bitzli Traurigkeit in den Song ein – the best of both worlds also). Bei Dust erinnert die Band daran: Lass los, was dir nicht gut tut. Immer wieder wichtig, das zu hören. Richtig gut tut Ethereal, in dem die Musikerinnen Vielfalt zelebrieren. Besonders schön: Bei Dulcie gibts keine Leadsängerin, die Freundinnen wechseln sich ab.

My Ugly Clementine My Ugly Clementine können super lislig und super laut. Vor allem sind sie aber eins: Ultra erfrischend. Somit sind wir bestens ausgestattet für jede Gefühlslage und very much in love mit der Band aus Wien (auch, weil die Vier auf der Bühne nebeneinander stehen, so dass keine Person im Vordergrund ist. Kollektiv at its best!). Ebenfalls ein Plus: Rockige Tracks mit Pop-Hooks, die uns zum Mbitsingen bringen und Geschlechterklischees zerschmettern. In Playground nimmt die Band sexistische Vorurteile unter die Lupe (“just because I have smaller hands / doesn’t mean I can’t do what my male friends can”) und in Peptalk sprechen sie uns Mut zu – immer mit klugen Lyrics. Die Clementines feiern Imperfektion, sind wunderbar entspannt und nutzen die Musik als Spielwiese. Dass der Spass im Zentrum steht, betont die Band in Interviews immer wieder. An diesem Vorsatz nehmen wir uns ein Beispiel und können bestätigen: My Ugly Clementine, ihr macht SO viel Spass.

Illustration: Alisa Fäh X FEMPOP w/ Pictures from Zen Sekizawa, Ellie Smith, Skinny Girl Diet