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Jaime Hayon – Poet des Designs

Carina Iten

Kein anderer Designer entwirft Möbel und Wohnaccessoires mit einer vergleichbar verspielten Leichtigkeit wie der Spanier Jaime Hayon. Seine Arbeit ist ungewohnt frech und spielt mit der Fantasie des Betrachters.

Betritt man das Restaurant La Terraza Del Casino in Madrid, ist es ein wenig wie Eintauchen in die Welt von Alice im Wunderland: Bunte Möbel in knalligem Grün, Blau und Gelb stehen auf einem weiss-schwarzen schachbrettähnlichen Boden, während riesige, weisse Kronleuchter von der Decke hängen und das eindringende Tageslicht einen goldenen Filter über den Raum legt. Es ist, als hätte sich soeben ein Portal zu einer fremden Welt geöffnet. Sie ist schriller, bunter und verspielter als alles, was wir sonst kennen – es ist die Welt von Jaime Hayon.

In der männerdominierten Designbranche sind unkonventionelle Künstler wie Jaime Hayon eine erfrischende Abwechslung – aber leider auch Mangelware. Viele Designer bewegen sich in einem monotonen Einheitsbrei, rennen Trends hinterher, sind wenig experimentierfreudig und scheinen gängige Muster kaum zu hinterfragen. Nicht so der spanische Designer Jaime Hayon. Treffend wurde er als eine der schillerndsten Figuren im Designkosmos bezeichnet und ist vor allem bekannt für seine humorvollen Entwürfe.

Man denke an den Monkey Sidetable, den er für BD Barcelona entworfen hat. Dabei hält ein Affe ein Tablett, das als Ablagefläche dient. Oder die Table Collection Folkifunki für Vista Alegre. Ein verspieltes Geschirrensemble mit bunten Vasen und Tellern. Für Fritz Hansen hat er eine Stuhlserie mit sanften Formen entworfen und eine Vase, die aus einem Blumenstrauss ein kleines Kunstwerk kreiert.

Genau das macht seine Arbeit so besonders. Sie bewegt sich irgendwo zwischen Design und Kunst und lässt sich weder in die eine, noch in die andere Sparte eingliedern. Seine Möbel sprechen eine sanfte, fast schon poetische Formsprache und brechen aus dem üblichen Raster aus. Seine Interiorprojekte schaffen immer wieder neue Welten – erfrischend und ehrlich zugleich. Aber nicht nur das, mit seiner Arbeit tritt er in einen Dialog mit dem Betrachter. Es sind keine stummen, charakterlosen Gegenstände, Möbel oder Raumkonzepte. Seine Projekte geben Denkanstösse, lassen uns schmunzeln, staunen und hinterlassen auch mal ein Fragezeichen.

In einem Interview sagte Hayon einmal: “Ich erscheine vielleicht als Chaot, als crazy Typ, aber eigentlich bin ich ein sehr strukturierter Mensch. Am Morgen setze ich mich jeweils an mein Pult und spitze meine Bleistifte. Das Leben bietet genug Inspiration. Man muss nur mit offenen Augen und Sinn für Humor durch die Welt gehen.” Seinen Arbeitsalltag dokumentiert er gerne auf Instagram und lässt seine Follower an seinen Gedankenspielen, Zeichnungen und Entwürfen teilhaben.

Am besten lässt sich Jaime Hayons Welt im Hotel Barcelò Torre de Madrid bestaunen. Das Einrichtungskonzept stammt von ihm und das Hotel beherbergt viele seiner Möbel, die er etwa für Fritz Hansen oder &Tradition entworfen hat. Auch hier geht es mehr darum, in eine Fantasiewelt einzutauchen. Im Eingangsfoyer werden die Gäste von einem Bären empfangen, die Möbel sind bunt arrangiert und die Räume mit spielerischen Details ausgeschmückt, wo man immer wieder Neues entdecken kann. In der Bar schweben Leuchten wie kleine Planeten über den Gästen, während der Barkeeper unverschämt gute Cocktails mixt. Und der Alltag ist auf einmal ganz weit weg.

Photocredits: Klunderbie, BD Barcelona

Tags : artdesign