Für meine liebe Freundin Jana
Der Film “Oh Boy” bringt es scheinbar auf den Punkt: Berlin ist kalt, erbarmungslos und hektisch. Von wegen! Erst wer genauer hinschaut, erkennt die wahre Schönheit, den Charme und Schalk Berlins. Eine Liebeserklärung an einen Stadt-Kosmos der Sehnsüchte des 21. Jahrhunderts.
Unsere Affäre begann vor genau fünf Jahren. Damals noch mit geringer Grossstadt-Erfahrung, kam ich mit meinem kleinen Bruder in der grossen deutschen Hauptstadt Berlin an. Ein halbes Jahr Erasmus war angesagt. Was für ein Abenteuer! Doch schon bald stellte ich fest, dass diese Stadt nicht ganz meinen Erwartungen entspricht. Zwar von kürzeren Städte-Trips bereits bekannt, erwies sie sich als doch deutlich eigensinniger, als man es von anderen Orten kennt. Gerade als Schweizer_in hat man es denn mit dem süssen Dialekt nicht immer so einfach. Doch was mit kurzem Irritiertsein und einer Gewöhnungsphase begann, endete schon bald in einer grossen Liebesgeschichte: Einmal richtig angekommen, Freundschaften geschlossen und die ersten Rotwein-Flaschen gekippt, begann das Abenteuer erst richtig!
Neue, fremde Clubwelten, viel Glitzer, Konfetti, durchgetanzte Nächte, irrsinnige Räumlichkeiten für Kunstausstellung oder Ähnliches, erstklassiges Theater, Essen aus aller Welt, Politik, Weltschmerz, Spätis an jeder Ecke, Sonntags-Karaoke im Mauerpark und natürlich einmal ein Döner bei Mustafas oder eine Currywurst bei Curry 36 sind nur einige der Gründe, warum ich die Stadt zu lieben begann. Es zählte weniger, wer man war oder sein wollte, sondern mehr was man tat, wofür man sich einsetzte und wonach man lebte. Natürlich tummeln sich in Mitte die hippsten der hippen Hipster aus aller Welt mit ihren Secondhand-Klamotten und teuren Sneakers, doch das ist nur eine winzige Fassade dieser Stadt. Viel mehr lernte ich Leute kennen, die mich mit ihren Ideen, Meinungen, Haltungen und Fantasien mitreissen konnten. So etwa meine liebe Mitbewohnerin Jana, der ich diesen Artikel widmen möchte. Auf unvergleichliche Weise führte sie mich in das Berliner Nachtleben ein, machte mich auf Veranstaltungen wie das Garbicz-Festival aufmerksam und liess mich Teil ihres für mich so neuartigen, exotischen und kreativen Freundeskreises von Leuten aus interessanten Start-ups etc. sein – Knetabende und andere Bastel-Abenteuer inklusive.
Noch heute muss ich mindestens einmal im Jahr nach Berlin. Und das nicht nur um liebe Freunde wie Jana zu besuchen, sondern auch um Input zu tanken. In einer Stadt wie Luzern, wo ich selbst wohnhaft bin, kann einem schnell die Puste ausgehen: grundsätzlich sehr schön und mit hoher Lebensqualität versehen, derweil aber auch klein, engstirnig und anstrengend. In Berlin tanke ich Energie, lasse mich treiben, lebe in den Tag hinein und entdecke jedes Mal aufs Neue Inspirierendes. Meine besten Tipps, die sich auch über die Jahre hinweg bewährt haben, möchte ich an dieser Stelle mit euch teilen.
FOOD & DRINKS
Der goldene Hahn Hier gibt es das beste italienische Essen Berlins! Und damit meine ich richtig italienisches Essen, der Besitzer stammt selbst aus der Toskana. Die kleine Karte kriegt man als Kreidetafel direkt an den Tisch gebracht, ein Qualitätsmerkmal schlechthin. Auf den Tisch kommt nur das Beste und auch die Weine sind hervorragend.
TRANSIT Ein absolutes Highlight für asiatisches Essen! Ein Lokal befindet sich in Kreuzberg, eines im hippen Bezirk Mitte. Das Konzept eignet sich auch besonders gut für grosse Gruppen: Bestellen tut man diverse kleine Schälchen mit verschiedenen Köstlichkeiten, die man dann teilen kann.
An einem Sonntag im August Benannt nach einem italienischen Film der 50er Jahre, entführt dieses Café in ganz verschiedene Sphären. Der Bar-Bereich mit der grossen Discokugel darüber animiert zum Cocktails-Schlürfen, das enorme Frühstücksbuffet und die bequemen Sofas laden zum Café trinken ein. Der treppenartig gestaltete Bereich mit bunten Orient-Kissen ist perfekt zum Stricken oder Lesen – auch an einem kalten Sonntag im November.
Bateau Ivre Diese Bar an der belebten Oranienstrasse ist meist pumpenvoll. Studenten und Originale tummeln sich an den grossen Holztischen und diskutieren angeregt. Die vielen Laternen lassen die Bar in einem angenehmen Licht erstrahlen und animieren zum Trinken (in diesem Licht sieht man immer gut aus). So wird die Bar denn auch seinem Namen, zu Deutsch “trunkenes Schiff”, gerecht. Dieser stammt übrigens vom Gedicht das “Das trunkene Schiff” von Arthur Rimbaud, welches auch die Wand ziert.
westberlin Im westberlin an der Friedrichstrasse findet man coffebar und mediashop in einem. Zu einer Limonade und einem frischen Panini kann man die neusten Design- und Lifestyle-Zeitschriften durchstöbern. Publikationen, die sonst teilweise schwieriger zu finden sind, wie z.B. Warhols Interview Magazine, liegen vor Ort auf – und können auch gekauft werden. Hier vergeht die Zeit wie im Fluge!
Lerchen und Eulen Im Lerchen und Eulen fühlt man sich fast wie in Omas warmer Stube. Die Backstein-Wände und die Vintage-Möbel verleihen dieser Bar einen warmen Touch, der zum stundenlangen “Verhocken” einlädt. Wie Waldtiere kann man sich hier an der Pücklerstrasse für den Winterschlaf vergraben. Für Raucher ebenfalls ein positiver Nebeneffekt: Es darf auch gepafft werden. Am Sonntag wird übrigens der Tatort gezeigt.
Minibar Auch ein Abstecher wert ist die Minibar an der Graefestrasse. Dass es von hier keine Bilder gibt, ist bezeichnend: Was in der Minibar passiert, bleibt in der Minibar. Perfekt für einen Absacker. Doch trotz dem etwas urchigen, verrauchten Ambiente bietet dieses Lokal einen gewissen hidden Glamour: Die Cocktails sind unschlagbar. Unbedingt nach den Tageskreationen fragen.
SHOPPING
Ein wenig Shopping-Spass darf in Berlin natürlich auch nicht fehlen. Schliesslich findet man hier auf kleinster Fläche alle Stores, die das Herz höher schlagen lassen. Jedenfalls ist die Ecke Alte Schönhauser Strasse und Münzstrasse in Mitte der perfekte Shopping-Spot. Hier findet man Weekday, & other stories, Monki, Urban Outfitters, COS, Acne und Edited alle auf einmal. Wer es etwas exklusiver mag, geht die Schönhauserallee weiter hoch und biegt dann in die Mulackstrasse und Linienstrasse ein. Dort findet man Kaviar Gauche, A.P.C. und Co. Und wer jenseits von grossen Ketten shoppen möchte, darf neben den vielen tollen Floh- und Strassenmärkten, diese Adressen nicht auslassen:
Voo Store: Hip, hipper, Voo Store… Skandi-Chic lässt grüssen
Broke + Schön: Jung und trendy fürs kleine Portemonnaie
ISLA Berlin (Bild unten): Der all-female Space ist Beauty-Parlour, Boutique und Event-Lokal in einem (und derweil schaut hier auch unsere Body-Heroine Suzie Grime gerne vorbei…)
JACKS Beauty Department: Früher noch als Store vorhanden, bietet der Brand heute noch ein tolles Angebot im Online-Shop – schönste Marble-Schminkpinsel inklusive <3
do you read me?!: Die besten Bücher und Magazine der Stadt
Kauf Dich Glücklich: Concept Store mit Hang zum Schönen
Modulor: Das beste Bastel-Geschäft aller Zeiten
KULTUR, KUNST & FREIZEIT
Wenn es um Freizeit-Gestaltung und Kultur geht, ist Berlin unschlagbar. Angefangen bei den grossartigen Theatern wie die Schaubühne, Volksbühne oder das Maxim-Gorki Theater bis hin zu tollen Museen wie das jüdische Museum, C/O Berlin, Hamburger Bahnhof, Berlinische Galerie, das Helmut Newton Museum oder der Martin-Gropius Bau wird einem hier so schnell nicht langweilig.
Neben Kunst und Kultur kann man sich die Nächte natürlich auch in den Clubs vertreiben. Das Berghain, wenn denn auch nicht ganz leicht zum Reinkommen, ist definitiv ein Erlebnis und lohnt sich zu erkunden. Ein Ort, den man nicht “husch-husch-schnell” besucht; ein Ort, auf den man und frau sich etwas einlassen muss. Aber auch das About Blank, KaterBlau oder Sysiphos locken mit guten Parties.
Wer es nach einer durchgetanzten Nacht etwas ruhiger angehen möchte, macht am besten einen Abstecher ins Valbali-Spa oder Liquidrom Berlin, wo man sich denn auch dem angesagten Watsu widmen kann, worüber wir in unsere Ultra Violet Issue berichteten.
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Berlin, oh du meine Muse, ich freue mich schon auf unser nächstes Rendez-vous!