Wir stellen uns gegen den Produktivitätswahn auf Social Media und schämen uns nicht dafür, einfach mal nichts zu tun – die Isolation ist nämlich kein Optimierungs-Wettbewerb.
Im Lockdown ist es einfach, unzufrieden mit sich zu sein. Noch einfacher als sonst. Und das ist (sorry fürs Fluchen) richtig fucking schlimm, weil es dazu führt, dass wir schlecht mit uns selbst umgehen. Hell nah! Erst recht aus einer feministischen Perspektive.
Wir werden ständig mit unrealistischen Schönheits-/Karriere-/Lebens-Idealen konfrontiert, denen wir nachhechten sollen – besonders Social Media ist grossartig darin, uns ein mieses Gefühl zu geben: Die perfekt gezauberten digitalen Leben vermitteln uns, dass wir es nie richtig machen, nie gut genug sind. Das wussten wir bereits vor der Corona-Krise, jetzt wird das Ganze aber noch deutlicher.
Der Optimierungs-Druck nimmt zu
Zwar hat sich das mit der FOMO erledigt, wenn wir eh alle zu Hause chillen – ausser jene, die systemrelevant hustlen. Es ist nämlich die unbezahlte und unterbezahlte Arbeit, die uns durch die Krise bringt – in diesen Berufsgruppen überwiegen Frauen*. Lasst uns nicht nur für sie klatschen, sondern uns auch für faire Löhne einsetzen, ja? Cool. – dafür gibts jetzt mehr Angst vor dem Zunehmen und mehr Druck, produktiv zu sein und sich zu optimieren. Auf Instagram tummeln sich Quarantäne-Workout-Videos und Onlinekurse, um all die Skills zu erlernen, für die wir sonst “keine Zeit” haben.
Laut Social Media gilt diese Ausrede jetzt nämlich nicht mehr – wenn wir eh zu Hause sind, sollen wir etwas leisten und eine produktivere, fittere, schönere Version von uns selbst werden. Das ist nicht nur anstrengend, sondern kann auch Druck aufbauen und belasten. Und mehr bad vibes brauchen wir gerade wirklich nicht.
Lass’ uns einfach klarkommen
Wir befinden uns in einer globalen Pandemie und es ist okay, sich überfordert zu fühlen. Ebenfalls ist es okay, sich in dieser Ausnahmesituation ablenken zu wollen – aber niemand sollte den Druck verspüren, aus der Isolation als besserer Mensch hervorzukommen. Du musst dich nicht auf Biegen und Brechen verbessern – davon hängt dein Wert nicht ab. Das Wichtigste ist gerade, klarzukommen und diese Zeit einfach nur so gut es geht zu überstehen, denn sie ist ein echter Stresstest und ein definitives Ende ist nicht absehbar.
Es sollte aktuell vor allem darum gehen, was dir gut tut (Insta-Accounts, die dir ein schlechtes Gewissen einreden, gehören sehr wahrscheinlich nicht dazu). Du musst keine neue Sprache lernen und wenn du heute nichts gemacht hast, ausser etwas zu essen, ist das absolut in Ordnung. Das findet übrigens auch Kathrin Wessling. Prio Nr. 1 ist immer und besonders jetzt, dass du gesund + glücklich bist und bleibst. Gib Acht auf dich und höre darauf, was du gerade brauchst.
Geh’ deiner Lust nach
Wenn du dich in der Isolation gerne mit Fitness auspowerst – you go honey! Aber wenn Workouts nicht dein Ding sind, mach dir keine Sorgen um deinen After-Quarantine-Body. Wir sollten uns von diesem Perfektionsdruck in der aktuellen Lage dringend (und gerne für immer!) befreien und aufhören, uns dafür zu schämen, wenn wir nichts leisten und faul sind. Ganz im Gegenteil, lasst es uns feiern, faul zu sein.
Serien bingen, masturbieren, mit unseren Herzensmenschen telefonieren, nappen, in Unterwäsche durch die Wohnung tanzen – all das hat eine wichtige Funktion: Wir tanken Energie und tragen uns Sorge, anstatt uns von der Produktivitäts-Maschinerie auslaugen zu lassen. Sehen wir es als Kampfansage gegen den Optimierungswahn und für die Selbstbestimmung. Sei gut zu dir, besonders in dieser komischen Zeit. Du bist nämlich zimli cool so, wie du bist.
Photocredit: Unsplash