Hallo, ich bin Muriel – und Regisseurin des Dokfilms Vin Diesel et ma grand–mère, den ich im Rahmen des Lehrgangs “Film” an der Schule für Gestaltung Bern realisiert habe. Im Zentrum des Film steht Mariam Hunwanou Abdelaziz, eine junge tschadische Schauspielerin, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihren Traum verfolgt.
Als ich in meinen Zwanzigern verschiedene Länder des afrikanischen Kontinents bereiste und in einigen auch arbeitete – so zum Beispiel in Ruanda und im Tschad – hatte ich immer wieder Gelegenheit, extrem starke Frauen kennenzulernen, die vor Resilienz und Standhaftigkeit nur so strotzten. Ich war zutiefst beeindruckt von diesen Frauen – so auch von Mariam.
Mariam spielt schon als Kind Sketches für die Familie und in der Schule für ihre Kameradinnen und Kameraden. Früh verspürt sie den Wunsch, Schauspielerin zu werden. Sie wird als Jugendliche von ihren weiblichen Familienmitgliedern unterstützt und sammelt erste Schauspielerfahrungen. Doch was bedeutet es für eine junge Frau im heutigen Tschad diesem Traum nachzugehen? Da man in vielen patriarchalen Gesellschaften eine sicherere Stellung als verheiratete Frau hat, lässt sich Mariam früh religiös trauen und wird Mutter. Die Scheidung folgt und Mariam muss sich alleine um ihren Sohn kümmern. Doch dieser Schicksalsschlag zwingt Mariam nicht in die Knie, ambitioniert arbeitet sie weiter an ihrer Karriere. Sie beginnt mit Englischunterricht und bemüht sich um eine Finanzierung für eine Weiterbildung in Filmproduktion. Auch wenn sich Mariam weiterhin gegen negative Stimmen behaupten muss, darf sie immer wieder auf die Liebe und Verlässlichkeit ihrer Grossmutter zählen. Ihre Solidarität mit dem Schicksal der Enkelin ist erfrischend und weise, denn sie weiss genau, wie sich soziale Normen im Laufe der Zeit ändern können.
Mein Porträt über Mariam in Vin Diesel et ma grand–mère soll eine Ode an all diese inspirierenden Frauen sein – und ihre Geschichten in den Fokus rücken.
So bin ich anfangs 2019 mit der Kamerafrau Claudia Christen in den Tschad geflogen, um eine Woche zu filmen. Mariam und ihre Grossmutter gewährten uns Einblick in ihre wunderschöne Beziehung. Wir nahmen uns viel Zeit für die Gespräche und spürten die grosse Liebe und Solidarität zwischen diesen beiden Frauen. Zurück in Bern widmeten wir uns der Post-Produktion. Obwohl alle Beteiligten, die Filmeditorin Fitore Sinani, die Tonnachbearbeiterin Christina Baron und die Musikerin Jasmina-Nura Serag (ja, ich habe ausschliesslich mit Frauen gearbeitet), viel um die Ohren hatten, haben wir uns immer wieder in der Verbundenheit zu Mariams Geschichte gefunden. Mariams inspirierende Beharrlichkeit, ihren Traum trotz Scheidung, dem Alleinsein mit ihrem Sohn und der damit verbundenen Stigmatisierung zu verfolgen, einte die Filmcrew im Vorhaben, Mariams Story öffentlich zu machen.
Dass alle bereit waren, diese extra miles zu gehen, war für mich als Regisseurin beeindruckend. Es war der Beweis dafür, dass auch wir uns im Kollektiv – genauso wie Mariam und ihre Grossmutter – gegenseitig zu Höhenflügen verhelfen können.