So wird es uns zumindest von der Modeindustrie diktiert. Doch ist diese Lust nach Opulenz und Quantität in Modedingen in der heutigen Zeit überhaupt noch ok? Sollten wir uns nicht dem Klima zuliebe am Riemen reissen und eben auf solche trendy Pieces verzichten?
Die Textildesignerin Yvee Nogara hat sich eben dieser Frage angenommen. In ihrer Bachelorarbeit werden auf eine satirische und trotzdem sehr aussagekräftige Art und Weise das Thema Nachhaltigkeit und unser Konsumverhalten im Umgang mit Textilien medial inszeniert. Das Problem sollte uns allen eigentlich bekannt sein: Die Textilindustrie stösst mehr CO2 aus als der weltweite Flug- und Schiffsverkehr und belastet unsere Umwelt enorm. Unsere Kleidungsstücke werden unter schrecklichen Bedingungen produziert und gefährden das Leben von Millionen Arbeiter*innen in den Herstellungsländern. Und doch dominiert fast fashion unser Leben. Die eigenen Gewohnheiten zu ändern, braucht enorm viel Zeit, Energie und dedication. Doch wer ist bei all diesen Verlockungen da draussen überhaupt dazu bereit? Yvee ist sicher so jemand. Nachhaltigkeit spielt eine wichtige Rolle in ihrem Leben – beruflich wie auch privat. In ihrem Alltag versucht sie darauf zu achten, welche Produzent*innen sie unterstützt und möglichst auf Neuanschaffungen zu verzichten. Kleider kauft sie am liebsten secondhand auf dem Kanzleiflohmi.
So verwundert es nicht, dass sie in ihrer Arbeit nach neuen, kreativen Vermittlungsansätzen für den Umgang mit Textilien sucht. Betrachter*innen ihrer Bachelorarbeit sollen sensibilisiert und angeregt werden nichts Neues zu konsumieren, dessen Herstellungsprozesse und -wege nicht transparent gemacht wurden.
Bevor Yvee sur Dossier die Aufnahmeprüfung für den Studiengang Textildesign an der Hochschule Luzern (HSLU) bestand, machte sie eine Lehre als Polydesignerin 3D. Im Sommer 2021 absolvierte sie den Bachlor mit der Arbeit TYvee Shopping und gewann dafür den Förderpreis 2021 der zeugindesign Stiftung im Bereich Textildesign, Zurzeit lebt sie in Paris und macht ein Praktikum bei der Strickkünstlerin und Materialforscherin Cécile Feilchenfeldt. fempop Freund*innen kennen #heroine Yvee wohl auch von HotmailHotnail – das wohl heisseste Nagel-Studio Zürichs – fempop berichtete. Ihre berufliche Zukunft sieht Yvee in der Entwicklung von verantwortungsbewussten Designprozessen, die in transdisziplinärer Zusammenarbeit mit Fashiondesigner*innen, Objektdesigner*innen und Künstler*innen entstehen. Sie möchte neue textile Lösungsansätze aufzeigen und so die Veränderung in der Mode- und Textilindustrie vorantreiben. Auch träumt sie von einer kreativen Plattform, die Designer*innen vernetzt.
TYvee Shopping
Die Bachelorarbeit von Yvee ist sparkly, glittery und bubbly! Sie ist so viel mehr als nur auf Papier gedruckte Erkenntnisse. Sie verbindet Handwerk mit Vision. Um ihr breitgefächertes Können unter Beweis zu stellen, hat Yvee zuerst vier textile Objekte aus gebrauchten Stoffen und Restmaterialien hergestellt, kombiniert und ergänzt. Anschliessend wurden die Produkte in einem Clip medial inszeniert. Für diese Inszenierung hat sich Yvee bei den 90er Jahren Teleshopping Sendungen inspirieren lassen. Entstanden ist ein satirischer TYvee Shopping Kanal!
“Die Arbeit gliedert sich in die Sparte des Critical oder Speculative Design ein und will kein neues konsumierbares Produkt erschaffen, sondern die Problematik kreativ aufgreifen, vermitteln und zum Umdenken auffordern. Es soll ein Diskurs über die Produktion und Konsumation von Textilien angeregt werden und nach möglichen Lösungen gefragt werden.”
Yvees Lieblingsobjekt in der Kollektion ist der The Extra Safe Globe. Die Planung und Umsetzung des voluminösen Globes erforderte viel handwerkliches Geschick. Das Ergebnis: Sehr stylisch, leicht und praktisch. Im Teleshopping wird nicht nur sein Style angepriesen, sondern auch seine Multifunktionalität. Dieses Meisterstück kann sowohl als Headpiece als auch als Lampenschirm eingesetzt werden. Wer damit die Strasse entlang läuft, fällt auf und ist doch ganz isoliert von der Umwelt. Mental health wird hier grossgeschrieben!
Der aufwendigste Teil der Bachelorarbeit war aber definitiv der Videodreh. Statist*innen, Locations und Equipments mussten organisiert und koordiniert und das ganze Video am Schluss geschnitten werden. Gedreht wurde drei Tage lang – zwei in einem Projektraum in der Roten Fabrik und einen an der HSLU im Greenscreenraum. Alle Möbel der TYvee Kulisse konnte Yvee von ihren Eltern und aus der eigenen Wohnung zusammenstellen und benutzen. Die Vorhänge im Hintergrund bestehen aus Webkanten (Abfallmaterial), die sie bei der Firma Creation Baumann in Langental gratis abholen durfte. Besonders auffällig ist auch das aufwendige Hair & Make Up. Dafür liess sich Yvee einerseits vom üppigen Make Up der Dragqueens inspirieren und andererseits von ihrem Lieblings M.I.A Musikvideo Bring the Noize. Zum Glück konnte sich Yvee bei allem voll und ganz auf ihre Crew verlassen. Diese bestand aus 29 Freund*innen, die in allen Bereichen des Drehs mitangepackt haben und ohne die all dies niemals möglich gewesen wäre – #supportyourlocalgang.
Bei all diesen satirischen Inszenierungen, kommt der Ernst und die Dringlichkeit dieser so wichtigen Thematik unweigerlich durch. Die Message ist klar: “Weniger Konsum und mehr Transparenz in Bezug auf die Herstellungsprozesse und -wege von Produkten!” Denn in diesem Fall ist mehr eben doch einfach zu zu viel.
Photocredits: Yvee Nogara