Ab dem 28. Juni dürfen solche mit einem Covid-Zertifikat wieder in die Clubs. Wir haben Lust. Doch wie war das nochmal? Dieser Rave? Er war – manchmal: Mehr als zu feiern. Sich selbst einmal aussen vor zu lassen.
Gute Nacht. Darf ich davor ein wenig ausholen? Darf ich ein bisschen ins Schwärmen geraten? Ich verspreche, es wird nicht kitschig klebrig. Keine Heldinnengeschichte. Es ist vielmehr eine in einem Zeitalter von Dunkelheit, von zuckenden Lichtern, die den Raum zerschneiden, von Schweiss.
Sie beginnt meistens in einem dunklen Gang. Man läuft Richtung Lärm. Der Bass wummert, wird lauter, trifft den Bauch, greift den Brustkorb an, schüttelt den Oberkörper durch. Die Musik brüllt nun. Wir sind nun mitten in der Geschichte. Dann und wann hustet eine Nebelmaschine eine grosse Portion Rauch in den Raum.
Eigentlich begann alles noch lange davor. Juan Atkins aus Detroit (heute 58 Jahre alt) gilt als Erfinder des Detroit Techno. Es war klar, dass für diesen neuen Sound ein neues Nachtleben eröffnet werden sollte. Vor über dreissig Jahren erhielt die Musik einen Namen. “Techno wollte das Biest besänftigen, die Härte der Stadt erträglich machen»”, sagt Atkins.
Techno wurde in der Stadt politisch verstanden. Es sollte keine positive Musikrichtung werden, weil die Umgebung, in der sie entstand, gar nicht den Anlass dazu geboten hat. Detroit befand sich Ende 1980 in einem Zerfallprozess. Steigende Mordraten und eine immer grösser werdende Arbeitslosigkeit durch den Niedergang der Automobilproduktion. Viele leer stehende Fabriken wurden zu neuen Locations für Raves.
Kein Glamour wie bei Disco. Keine direkte Botschaft. Der Sound der Zukunft. Berlin war das Einfallstor für den Musikstil aus Detroit nach Europa. Damals – Underground. Heute – längst Mainstream. Globaler Clubstandard.
Zum Glück. Denn wenn der Bass kurz verstummt, die Leute auf der Tanzfläche zum Loop des Synthesizers die Hände zur Decke heben, darüber werden Schreie durch den Raum getragen – ein durch und durch runder Moment. Alles vergessen – auf der dunklen Seite des Tages, im Spiegel zur Tagsüberwelt. So weit entfernt vom Studium, der Weiterbildung, dem Job…
Und dann tritt man wieder nach draussen. Frische Luft im Gesicht und Sonne statt Strobo. Vogelgezwitscher statt bumsendem Bass in den Ohren. Die Gegenwelt gibt es noch. Guten Morgen.
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