Liebe Leser*innen
Ja, 2020 hat es in sich. Es brodelt an allen Ecken und Enden. Ein Ende scheint nicht in Sicht.
Da waren u.a. die drastischen Waldbrände in Australien sowie die grausamen Morde an Ferhat, Mercedes, Sedat, Gökhan, Hamza, Kaloyan, Vili-Viorel, Said Nesar und Fathi im deutschen Hanau. Da war – und ist – diese unheilvolle Pandemie, inkl. Lockdown. Es kam zum durch Polizei-Gewalt ausgeübten Mord an George Floyd, und die darauf eintretenden Black Lives Matter Demonstrationen auf der ganzen Welt.
Auch in Zürich gingen 10’000 von Menschen auf die Strasse, um gegen Rassismus zu demonstrieren. Eine Bewegung, die zwar bereits seit geraumer Zeit existiert, doch in den letzten Monaten an Power gewonnen hat, die unbestreitbar ist. Jeder und jede sollte sich mit dem Thema Rassismus ernsthaft auseinandersetzen. Denn wir alle sind rassistisch sozialisiert worden – gewisse natürlich nur subtil, andere stark. So greift das Thema immer wieder in unserem Denken, in unserem Alltag und in unseren Handlungen.
Jüngst folgte eine dramatische Explosion in Beirut. Eine Explosion, die ihre Wurzeln in der Korruption hat und in einer Regierung, der das Volk egal ist und die den Staat deshalb in den Ruin getrieben hat. Eine Thematik, die nicht nur im Libanon, sondern durch Corona global weiter drastisch verstärkt wurde. Ob die feministische Bewegung, die Klima-Bewegung, Black Lives Matter oder die Debatten um Transgender-Rechte – auch wenn wir vor schier unlösbar grossen und komplexen Problemen stehen, wird klar: Jeglicher Aktivismus wächst. All diese Bewegungen haben in den letzten Monaten und Jahren massiv an Power und Bedeutung gewonnen. Und wer erkennt, wie stark diese Themen allesamt zusammenhängen, und welche Probleme bzw. Strukturen dahinterstecken – der Kapitalismus und das Patriarchat – erkennt auch: Wenn sich diese Movements zusammenschliessen, entsteht eine POWER, wie wir sie heute noch gar nicht einordnen können. Die Weichen dafür sind jedenfalls gestellt, und die Zeiten des Schweigens endgültig vorbei!
Genau deshalb möchten wir unsere 14. Ausgabe auch dem Thema Power widmen, it’s THE POWER ISSUE. So präsentieren wir euch in unserer #heroine-Rubrik Inspiration und Kultfigur Vera Widmer, die seit Jahren hinter dem Tresen in der Zürcher Playbar steht. Gastautorin Sibylle Egloff erörtert in der Literatur-Rubrik, weshalb die Lyrics und das neuste Video “WAP” von Cardi B und Megan Thee Stallion vor Empowerment nur so strotzen. In unserer Digital-Rubrik stellt Culture-Autorin das Kollektiv “Vo Da.” vor, und Co-Gründerin Rahel Fenini schreibt in unserer Art-Rubrik eine Liebeserklärung an ihre Power-Nails.
Ja, all diese Movements und fempop-#heroines stehen für klare Forderungen, die wir hier nochmals betonen möchten: Wir brauchen eine neue Wirtschaft, neue Denkmuster, neue Dogmen dafür, was gut und erstrebenswert ist. Alle Minderheiten addiert sind weit mehr, als die Trumps, Bolsonaros, Putins und Erdogans dieser Welt. Übrigens haben auch nachweisbar Länder in weiblicher Führung die Corona-Krise erfolgreicher gemeistert. Wir fordern Liebe, Zeit, Haltung, ein sorgsamer Umgang mit Ressourcen, weniger Wachstum, Respekt für alle, echte Gefühle, das Ende von unsäglichen Machtspielen. Und natürlich: AOC for President!
In diesem Sinne: Viel Spass beim Lesen, denn auch in dieser Ausgabe steckt wieder the full power von unserer grossartigen fempop-Redaktion!
Love,
Cécile & Rahel
Illustration: Patricia Wyler for fempop