DesignSex Issue

Sex verkauft sich – ­nur nicht, wenn es ums Vergnügen der Vulva geht

Carina Iten

Metrofahrer_innen in New York City kamen in den vergangenen Monaten bestimmt nicht nur einmal in Kontakt eines Werbeplakats mit einem vertikalen Kaktus, der einen überdimensionierten erigierten Penis simulieren sollte. Der Onlineshop forhims warb damit für ein Viagra Generika in Metrostationen. Die Werbung war nicht sonderlich aufregend, anstossend oder von hohem kreativen oder designaffinen Anspruch. Es war plump gesagt eine Werbung von und für den Mann, eine Werbung, wie wir sie täglich in den Medien oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln sehen und genau wissen, worum es geht: ums Vergnügen der Penisse.

Wann aber hast du das letzte Mal eine sinnliche Blumenblüte auf einem Werbeplakat gesehen, die dich an eine übergrosse Vulva erinnert hatte? Ich wage zu behaupten, dass ich die Antwort kenne: Noch nie! Leider ist es so, dass die Anzeigenrichtlinien bei sexuellen Inhalten – insbesondere bei Frauen – selektiv durchgesetzt werden. Während der Kaktus unmissverständlich an einen Penis erinnert, werden Werbungen, die für Sextoys für Menschen mit einer Vagina werben, oft diskriminiert oder gar verboten.

Im vergangenen Jahr haben soziale Plattformen wie Facebook, Instagram und Pinterest sowie die Metro in New York die Werbung von Unboundbabes und Dame Products abgewiesen. Der Grund: Die Werbung für das als Ring getarnte Sexspielzeug Palma von Unboundbabes und der kompakte Fin-Vibrator von Dame seien “phallischer Natur” oder “sexuell explizit” – obwohl die Produkte kaum als Sextoys erkannt werden konnten, sondern mehr an ein Lifestyleprodukt erinnerten und die Werbung optisch sinnlich umgesetzt wurde.

Aus diesem Grund haben die beiden Sextoy-Designerinnen Polly Rodriguez (Unboundbabes) und Alexandra Fine (Dame Products) eine Kampagne gestartet, um das Bewusstsein für den selektiven Auswahlprozess von Anzeigen, mit dem weiblich orientierte Sex-Wellness-Firmen kämpfen, zu schärfen. Entstanden ist die Kampagne Approved, Not Approved mit einem dazugehörigen Online-Quiz.

Approved Not Approved Quiz

Hier können sich Leser_innen durch eine Auswahl von Werbebildern klicken und dabei angeben, ob sie denken, dass die gezeigte Werbung auf Social Media oder in öffentlichen Verkehrsmitteln erschienen ist oder nicht – probiere es selbst aus, das Ergebnis ist haarsträubend.

Approved Not Approved Quiz

“Gesunder, sicherer Sex ist und sollte ein Vergnügen sein, und die Ausübung und Diskussion dieses Vergnügens ist ein wichtiger Bestandteil unserer allgemeinen Gesundheit und Lebensqualität”, so Rodriguez. Die Verzerrung in der Werbung hat ihrer Meinung nach nicht nur Auswirkungen auf ein paar Unternehmen die Sextoys entwickeln und vertreiben, es wirkt sich auch auf die Gesundheit und das Glück aller aus, die Sex haben. “Viagra wird seit Jahren überall beworben und daraus resultiert, dass wir konditioniert wurden, dass Erektionsstörung ein normales Gesundheitsproblem ist, wobei alles andere als unangemessen und tabu gilt.”

“Womxn, femme, non-binary und Transfrauen sind in unseren Medien kaum zu finden, als ob die Sexualität und das Vergnügen von Menschen mit einer Vulva nichts wert ist.”

Deshalb ist Sichtbarkeit und Repräsentation so enorm wichtig, denn wenn wir weiterhin eine einzige Erzählung der menschlichen Sexualität sehen – die derjenigen mit Penissen – bestätigen wir nur 50 Prozent der Existenz der Bevölkerung. Leider zeigt unsere Werbelandschaft fast ausschliesslich die Erfahrungen und Probleme der Cis-Männer aus Gründen, die weder klar noch konsequent sind. Womxn, femme, non-binary und Transfrauen sind in unseren Medien kaum zu finden, als ob die Sexualität und das Vergnügen von Menschen mit einer Vulva nichts wert ist.

Dame Products