Ich war nie ein Pippi Langstrumpf-Mädchen. Die Kinder von Bullerbü und Eva och Adam haben es mir da eher angetan. Abenteuerlustige und quirlige Kinder voller Lebensfreude. Einige Jahre später, als ich mit meiner besten Freundin Sarah den hohen Norden bereiste, waren es dann unsere Peers – die schönen Schweden und wunderbar gekleideten Schwedinnen – die mich verzauberten. Dieser Zauber hält nach wie vor an. Doch da ist noch mehr – mehr an Schweden, das mich heute reizt.
Als ich ein Kind war, wollte ich ein schwedisches Kind sein. Lisa, Britta oder Eva. Mutige, junge #heroines. Als ich zwanzig wurde, wollte ich nach Schweden, um mit meinem schwedischen Freund (er blieb ein Crush und unsere Beziehung beschränkte sich auf Skype und Facebook) zusammen zu leben. Schweden – das Land, die Kultur und die Menschen – hat es mir schon früh angetan.
Heute, 28, bin ich fempop-Editorin und Gleichstellungsbeauftragte. Tag für Tag beschäftige ich mich mit Feminismus, Gleichstellungsanliegen und Fragen wie: Auf welche Weise können wir es vermeiden, dass kleinen Kindern bereits im Kindergarten (wenn nicht früher!) eingetrichtert wird, wie sie sich als Mädchen oder Jungen zu verhalten, ja gar zu fühlen, haben? Privatleben und Beruf – wie sind diese Bereiche miteinander vereinbar? Wie können wir junge Frauen und Männer für Feminismus begeistern? Warum sitzen mehrheitlich Männer in der Chefetage? Wie lässt sich die rechtliche Gleichstellung in eine tatsächliche Gleichstellung umsetzen? Die Liste könnte wohl noch ewig weitergeführt werden…
Schweden scheint bekanntlich einige (klar, nicht alle) Antworten auf diese Fragen zu haben. Grund dafür, dass ich heute wohl immer noch ab und zu gerne im hohen Norde zuhause wäre.
2018 besetzt Schweden auf der Rangliste des Global Gender Report den dritten Platz – hinter Island und Norwegen. Der Global Gender Report, der jeweils vom World Economic Forum (WEF) veröffentlicht wird, untersucht in 149 Ländern die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wirtschaft und Politik.
Auch in Punkto Familienpolitik geht Schweden mit gutem Beispiel voran: So beträgt der Elternurlaub derzeit 480 Tage pro Kind (im Vergleich: In der Schweiz dauert der Mutterschaftsurlaub 98 Tage, Väter kriegen einen Tag Vaterschafts”urlaub”). Um die Kinderbetreuung durch die Väter zu fördern, sind 90 Tage pro Elternteil nicht übertragbar – die sogenannten “Daddy Months”. Familien erhalten zudem Kindergeld, Steuererleichterungen und haben einen garantierten Krippenplatz. Dies, weil die Schwed_innen u.a. der Überzeugung sind, dass frühe soziale Kontakte ausserhalb der Familie dem Kleinkind nicht nur gut tun, sondern auch sein Recht sind.
Doch damit nicht genug. Vor gut acht Jahren eröffnete die Vorschullehrerin Lotta Rajalin mit Kolleg_innen den genderneutralen Kindergarten “Egalia”, der es zum Ziel hat, die Kinder in ihrer individuellen Entwicklung zu fördern, sie nicht zu genderstereotypen Wesen heranzuziehen und ihnen auf den Weg mitzugeben, dass sie alles sein und tun können – unabhängig davon, welches biologische Geschlecht sie haben.
2015 ereignete sich ein weiteres, faszinierendes Beispiel für Schwedens unermüdliches Bestreben in Sachen Feminismus und Gleichstellung: Da verteilte die Swedish Women’s Lobby nämlich allen 16-Jährigen des Landes das Buch We Should All Be Feminists der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie. Das Ziel? Die Jugend von heute zu sensibilisieren und eine Diskussion und Auseinandersetzung zu Gender, Gleichstellung und Feminismus anzuregen.
Nun ist es aber – leider – so, dass ich hier gebraucht werde, nicht in Schweden zuhause bin und sich mein Ich-wünsche-mir-Schwedin-zu-sein-Gefühl somit auf Ferien und Trips beschränken muss.
Geht’s euch ähnlich oder plant ihr gar eine Reise in den hohen Norden? Dann unbedingt weiterlesen, denn hier kommt unser “Ein Tag in Stockholm mit fempop”:
Photocredit: Veera Bianca, Alexandra Bring, Nordic Fusionist