CultureDigitalYouth Issue

#FreePeriods

Rahel Fenini

“We are subverting the long-held stereotypes of what the 21st-century teenager looks like. The picture of the lazy, self-obsessed, avocado-eating millennial who would rather be watching Love Island than Question Time is, these days, more fiction than fact. The reality is that you’re now more likely to see a picture of a teenager waving a banner at a protest in Parliament Square when you scroll through Instagram, than pouting narcissistically in their bedroom mirror. And that’s a pretty incredible thing”, schreibt Amika George Ende 2018 in der Future Issue der britischen Vogue und bringt damit das Feeling einer Generation auf den Punkt.

Amika George, 19, und Studentin an der Cambridge University in England, weiss wovon sie spricht: 2017 ruft die junge #heroine die Kampagne #FreePeriods ins Leben – mit einem Post, einem Hashtag, einem Klick. Nur wenige Monate später versammeln sich rund 2000 junge Menschen, rot gekleidet und mit Bannern in den Händen, an der Downing Street in London – genau dort, wo Premierministerin Theresa May wohnt. Auf den Plakaten liest man Statements wie “We are not overy-acting”, “Menstrual hygiene is a human right. Period.” oder etwa “It’s bloody time”.

Bloody time für was? Well, let’s rewind. Im Frühjahr 2017 erfährt Amika George durch einen BBC-Bericht von einem beinahe verborgenen Problem: “Period Poverty” – zu Deutsch etwa “Periodenarmut”. Das Phänomen, von dem einst vor allem Frauen in Drittweltländern betroffen waren, macht Halt im Vereinigten Königreich, wo sich Tausende junge Frauen keine Hygieneartikel wie Tampons und Binden leisten können. Die Folgen? Die Mädchen fehlen regelmässig in der Schule – aus Angst, sie würden vor den Augen anderer auf Stühle und in ihre Uniformen bluten – oder greifen gar zu anderen Massnahmen wie Socken, Taschentücher oder Zeitungen, um sich irgendwie zu schützen.

A Teenage Activist is Born
“Ich war erschrocken und aufgerüttelt, dass diese Dinge direkt vor unseren Augen passieren. Ich war ja selbst noch in der Schule und konnte nicht verstehen, dass ein natürlicher, biologischer Vorgang Mädchen von ihrer Bildung abhalten soll. Wo bleibt hier die Gleichstellung? Umso mehr war ich aber entsetzt, dass unsere Regierung nichts unternahm, um dieses Problem zu bekämpfen.” Und so entscheidet sich Amika George die Sache selbst in die Hand zu nehmen, aktiv zu werden und sich gegen “Period Poverty” einzusetzen. Sie startet eine Online-Petition, mit der sie die Regierung auffordern will, Mädchen von einkommensschwachen Familien kostenlose Hygieneartikel zur Verfügung zu stellen, schreibt Artikel, gibt Interviews und sensibilisiert Mädchen und Jungs in ihrem Alter (und darüber hinaus) für die Thematik. Das Interesse wächst und immer mehr junge Personen schliessen sich dem Movement an und ergreifen ihre Stimme für diejenigen, die so oft nicht gehört werden.

Wenn auch das Portemonnaie blutet
Amika Georges Kampf ist beeindruckend – nicht nur, weil er, angetrieben von einer Teenage-#heroine, auf einen essentiellen Missstand und ein grundlegendes Recht aufmerksam macht – nein, weil die #FreePeriod Kampagne zeigt, wie patriarchale Strukturen und starre Geschlechtervorstellungen in unserer Gesellschaft verankert sind und unser Tun und Handeln als Frauen radikal beeinflussen. Nach wie vor wird die weibliche Menstruation tabuisiert, nicht selten geht sie Hand in Hand mit Scham, und eine offene Konversation, die auch Jungs und Männer (und andere, die keine Periode haben) mit einbezieht, findet nicht statt. Die weibliche Menstruation: Darüber spricht „mann“ lieber nicht; das sollen die Frauen selbst regeln. Eine teure “Regel”, bei der auch das Portemonnaie bluten muss: Für Güter des täglichen Bedarfs gilt in der Schweiz der reduzierte Mehrwertssteuersatz von 2,5% – dazu gehören u.a. Brot, Wasser, Kaviar, Schnittblumen oder Viagra – nicht aber Tampons, Binden und Slipeinlagen. Diese werden “normal” besteuert und so zahlen Frauen in der Schweiz Extra-Steuern für Produkte, auf die sie nicht verzichten können.

Von “Bloody Unfair” zu “Bloody Good”?
Der #FreePeriods Protest, die Banner und die Stimmen und Statements der Anwesenden machen klar: It’s bloody time. Es ist an der Zeit, dass sich etwas ändert; nicht nur in Übersee, nein, auch bei uns. Während die schottische Regierung in der Zwischenzeit einen 5,2-Millionen-Pfund-Plan verabschiedete, der Schülerinnen und Studentinnen in Schottland Hygieneartikel frei zugänglich machen soll, hinken andere Länder noch hinterher. Doch #heroine Amika gibt nicht auf und geht mit #FreePeriods in die nächste Runde. Auch in der Schweiz tut sich langsam, langsam etwas: Die Kampagne “Bloody Unfair”, die von der Kampagnen-Organisation Campax lanciert wurde, fordert: Runter mit der diskriminierenden Tampon-Steuer. Damit stellt sich die Kampagne hinter die Motion von Nationalrat Maire, die sich momentan im National- und Ständerat befindet. Wir finden: Bloody good!

Illustration: Alice Skinner
Photocredit: Sister Magazine